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Unerschütterter Immobilienmarkt

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Plötzlich ging alles ganz schnell. Das Szenario steigender Zinsen schien früher wahr zu werden als vermutet, die Investoren verkauften, die Preise stürzten ab. So war das Anfang Februar, wenn auch nicht auf den Immobilienmärkten, sondern an den Börsen. Das kurze Beben könnte dennoch auch ein Vorbote sein für das Geschäft mit Wohnungen, Bürotürmen und Einkaufszentren. Denn extrem niedrige Zinsen haben nicht nur die Aktien-, sondern auch die Immobilienmärkte in den vergangenen Jahren immer weiter angeheizt. Nun fragt sich die Branche, ob die Phase des billigen Geldes tatsächlich bald zu Ende geht.

Große Nervosität herrscht bei Investoren und Finanzierern allerdings nicht. Denn noch läuft auf dem deutschen Markt größtenteils alles wie in den vergangenen Jahren auch. Große wie kleine Investoren kaufen in den Städten in großem Stil Bürohäuser, Shopping-Center, Hotels oder Logistikhallen. Laut Frühjahrsgutachten der Immobilienwirtschaft stiegen die Umsätze mit gewerblichen Immobilien im vergangenen Jahr auf 58,1 Milliarden Euro – 9,8Prozent mehr als im ohnehin schon sehr starken Vorjahr. „Die gute Nachricht unseres diesjährigen Frühjahrsgutachtens ist zweifelsfrei, dass es den deutschen Immobilienmärkten sehr gut geht“, sagte Andreas Mattner, Präsident des Dachverbandes Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA), bei der Vorstellung der Studie.

Wie auf dem Wohnungsmarkt treibt die hohe Nachfrage die Preise. Investoren haben allein im vergangenen Jahr circa 24,4 Milliarden Euro für Büros in Deutschland ausgegeben. Die Nachfrage nach Arbeitsflächen ist dabei keineswegs nur durch den Anlagedruck angeheizt. Für die Büros gibt es auch eine hohe Nachfrage bei den Nutzern, also Unternehmen, die zum Beispiel expandieren oder eine neue Immobilie beziehen möchten. In vielen Städten sinken daher die Leerstände, die Mieten steigen. In manchen Metropolen zeigen die Büro- schon die gleichen Symptome wie die Wohnungsmärkte. „Flächen und Angebote werden in den Ballungsräumen knapper, und wir müssen aufpassen, dass wir nicht in ein nächstes Mangelproblem rauschen“, sagt ZIA-Präsident Mattner.

Sollten die Zinsen weiter steigen, wären andere Anlagen wieder attraktiver

Wer einen gut vermieteten Büroturm in seinem Portfolio hat, der hat in den vergangenen Jahren meist ein gutes Geschäft gemacht. Wer allerdings heute eine Immobilie kauft, muss mit Rekordpreisen rechnen – ein Grund, warum manche Investoren den deutschen Märkten mittlerweile den Rücken kehren. Lagen zum Beispiel die Netto-Spitzenrenditen für Büroimmobilien vor sieben Jahren noch jenseits der Fünf-Prozent-Marke, liegen sie in Städten wie Berlin mittlerweile unter drei Prozent. In besonders zentralen Lagen nehmen Investoren sogar noch deutlich geringere Werte in Kauf – und spekulieren unter anderem auf steigende Mieten. Wie die niedrigen Zinsen und die gute Konjunktur die Preise angeheizt haben, zeigt das Sony Center in Berlin. Im Jahr 2010 schätzungsweise für 600 Millionen Euro verkauft, wechselte der Komplex im vergangenen Jahr für 1,1 Milliarden Euro den Eigentümer.

Das Ende des billigen Geldes könnte den seit etwa acht Jahren andauernden Preisauftrieb auf den Immobilienmärkten allerdings aufhalten. Deutlich höhere Finanzierungskosten würden die Investments so teuer machen, dass sie sich kaum mehr rechnen würden. „Mit steigenden Zinsen werden außerdem Anleihen für Investoren wieder attraktiver. Das heißt, es wird voraussichtlich weniger Liquidität in die Immobilienmärkte fließen als bisher“, sagt Sabine Barthauer, Mitglied des Vorstands der Deutschen Hypo. In seiner aktuellen Prognose geht der Finanzierer davon aus, dass der Zinssatz für 10-jährige Bundesanleihen von derzeit etwa 0,7 Prozent bis Ende 2019 auf circa 1,6 Prozent steigen wird. Und sollten die Zinsen noch weiter steigen, werden sich immer mehr Investoren fragen, ob sie sich das komplexe und aufwendige Immobiliengeschäft antun wollen.

In der Branche sorgt die prognostizierte Entwicklung bisher aber kaum für Nervosität. Laut einer Befragung von Ernst & Young gehen ohnehin 93 Prozent der Unternehmen davon aus, dass sich die Niedrigzinsphase fortsetzt. Nach der Ankündigung der EZB, das Anleihenkaufprogramm mindestens bis Herbst 2018laufen zu lassen und frühestens danach mit Zinsanhebungen zu beginnen, sei bis auf Weiteres mit den Auswirkungen der lockeren Geldpolitik zu rechnen, betont auch Matthias Leube, Deutschland-Chef des Immobiliendienstleisters Colliers International. „Wir sehen über 2018 hinaus in Deutschland weiterhin nur eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit, dass das Zinsniveau angehoben wird – und wenn, wird dies in sehr kleinen Schritten erfolgen“, sagt Leube. Die Branche rechnet mit maßvollen Veränderungen. „Ich halte einen deutlichen Zinsanstieg in der Eurozone für sehr unwahrscheinlich, da dies erhebliche negative Folgen für die Realwirtschaft hätte“, sagt auch Marc Drießen, Geschäftsführer der Hansainvest Hanseatische Investment GmbH.

Doch was, wenn der Zinsanstieg doch früher und deutlicher kommt als erwartet? Je nach Investmentstrategie hätte das auf die Anleger unterschiedlich starke Auswirkungen. Viele große Investoren wie Versicherungen haben sich auf einen (moderaten) Zinsanstieg eingestellt. „Die meisten institutionellen Investoren sichern sich die niedrigen Zinsen langfristig und arbeiten mit moderaten Fremdkapitalquoten von etwa 40 Prozent“, sagt Drießen, „insofern sind sie auf potentiell steigende Zinsen vorbereitet.“ Wer relativ viel Eigenkapital in die Immobilie gesteckt und langfristig finanziert hat, ist besser gewappnet – zumindest, wenn die Immobilie in Ordnung und gut vermietet ist. „Bestandsinvestments in Deutschland wären von steigenden Zinsen kaum betroffen, weil hier überwiegend mit festverzinslichen Darlehen in Gebäude mit langfristigen Mietverträgen investiert wird“, betont Hans-Joachim Lehmann, Geschäftsführer von Warburg HIH Invest.

Manche Strategien würden bei steigenden Zinsen allerdings nicht aufgehen. „Verlierer sind in jedem Fall diejenigen, die zu kurzfristig finanziert haben“, sagt Sven Keussen, geschäftsführender Gesellschafter von Rohrer Immobilien in München. Hochriskant wird das Geschäft auch für jene Investoren, die ihr Geld damit verdienen, Immobilien schnell „zu drehen“ – also nach dem Kauf auf steigende Preise spekulieren und das Objekt nach kurzer Zeit wieder verkaufen.

Noch hoffen die Anleger vor allem, dass alles mehr oder weniger so weitergeht wie bisher. „Grundlegende Änderungen an Investment-Strategien sind derzeit noch nicht festzustellen“, berichtet Hypo-Vorstand Barthauer. Allerdings: Immer mehr Investoren schauen sich wieder im Ausland nach Immobilien um. Zum einen wegen der hohen Preise in Deutschland. Zum anderen, um das Risiko zu streuen. Dass nämlich noch ganz andere Risiken die Geschäfte vermiesen könnten, zeigt die andere jüngere Erschütterung an den Börsen: Ein von den USA ausgelöster Handelskrieg könnte der deutschen Wirtschaft enorm schaden. Bisher galt: Je unsicherer die Lage in der Welt, desto gefragter waren Immobilien in Deutschland. Sollte es allerdings mit der Wirtschaft bergab gehen, würde das auch die Immobilienmärkte runterziehen. Wenn er es sich aussuchen könnte, sagt ein Investor, hätte er dann doch lieber steigende Zinsen.

 

Quelle: S.Z.

 

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von factum
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